Inklusions-Pegel - Der Newsletter zu inklusiver Bildung in Deutschland

Inklusions-Pegel August 2023

Neues zum Thema Inklusive Bildung, liebe Leute!

Heute erhalten Sie eine neue Ausgabe unseres Newsletters INKLUSIONS-PEGEL, dem Folgeprojekt unserer Kampagne zum Film DIE KINDER DER UTOPIE. Hier berichten wir jeden Monat, was in Deutschland rund um die Umsetzung von Artikel 24 — inklusive Bildung — der UN-Behindertenrechtskonvention passiert. Dabei versuchen wir einerseits, die Bundesländer und Kommunen als Akteure der Schulpolitik im Blick zu behalten, und andererseits, die Nachrichten nach bundesweiter Relevanz zu filtern.

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Ihr mittendrin e.V.

Kommentar: Die Eule spricht

Bei der Staatenprüfung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention hat Deutschland ein desaströses Bild abgegeben. Im Protokoll der Sitzung ist nachzulesen, wie im Saal mehrfach die Stimmung kippte und heftiger verbaler Schlagabtausch die diplomatische Atmosphäre unterbrach. Die Mitglieder des UN-Fachausschusses vermissen vor allem wirksame Schritte zum Abbau von Sonderinstitutionen für Menschen mit Behinderung, wie Wohnheimen, Werkstätten und Sonderschulen. Fassungslosigkeit löste die Behauptung des Vertreters der deutschen Kultusministerkonferenz aus, dass Förderschulen Bestandteil eines inklusiven Schulsystems seien (und deswegen nicht abgebaut werden müssten).

Die Vertreterinnen* der Bundesregierung haben dazu geschwiegen und so diese abseitige Behauptung mitgetragen. Der Bund hält international den Kopf hin für die Weigerung vieler Bundesländer, ein inklusives Schulsystem aufzubauen. Er tut das, obwohl man dort bis in die Spitze der Ministerien weiß und in Gesprächen in kleinem Rahmen auch zugibt, dass inklusive Bildung der Schlüssel für Bildungschancen und Teilhabe junger Menschen mit Behinderung ist – und letztlich für eine inklusive Gesellschaft. Die Bundesregierung hält sich zurück, weil sie den Konflikt mit den Ländern scheut. Das funktioniert politisch so lange, wie die Medien das Thema ignorieren und die Zivilgesellschaft ruhig bleibt.

Dabei ist die Verweigerung des inklusiven Schulsystems längst bundespolitisch relevant. Der Bund ist verantwortlich für die Einhaltung internationaler Verträge wie der UN-Behindertenrechtskonvention. Überdies ist der Bund nach Artikel 72 des Grundgesetzes verantwortlich, den Menschen überall in Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse zu garantieren. Für Familien mit Kindern mit Behinderung hält der Bund diesen Grundsatz nicht ein. Wir können nicht in ein anderes Bundesland etwa von Bremen nach Bayern umziehen, ohne für unser Kind die Beendigung der inklusiven Schulzeit in Kauf zu nehmen. Es bleibt Aufgabe der Länder, endlich inklusive Schulpolitik zu machen. Aber es ist nach 14 versäumten Jahren die Aufgabe des Bundes, dafür einen klaren Rahmen zu setzen.

Die Themen im August

Staatenprüfung 1

Nein, die deutsche Regierungsdelegation hat bei der UN-Staatenprüfung in Genf keine gute Figur gemacht. Das erste Resumee einer UNO-Publikation:

Vereinte Nationen

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Bildschirmfoto von der Seite der Vereinten Nationen. Headline:UN-Kritik an Deutschlands Umgang mit Menschen mit Behinderung


Staatenprüfung 2

Man könnte meinen, das für die UN-Behindertenrechtskonvention zuständige Bundesarbeitsministerium sei in Genf auf einer anderen Veranstaltung gewesen. In der Pressemitteilung des BMAS werden mit keinem Wort die teils heftigen Wortwechsel mit dem Fachausschuss während der Anhörung erwähnt und ebenso wenig die deutlichen Worte darüber, wie sehr Deutschland mit der Umsetzung der Konvention hinterherhinkt. Stattdessen berichtet das BMAS von harmonischen Gesprächen und lobenden Worten und schafft sich in seinem öffentlichen Auftritt eine eigene Wahrheit. Das sollten Ministerien nicht tun, schon gar nicht im Zeitalter von Fake-News.

BMAS

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Bildschirmfoto von der Internetseite des BMAS. Übderschirft: Umsetzung der UN-Behinderten­rechts­konvention Deutschland ist auf einem guten Weg.


Protestcamp 1

Unter dem Hashtag #WirFahrenNachGenf haben Eltern aus mehreren Bundesländern ein Protestcamp vor dem UNO-Gebäude in Genf organisiert. Während der gesamten Gespräche der Staatenprüfung am 29. Und 30. August haben wir lästig im Weg herumgestanden und allen Beteiligten vor Augen geführt, dass es bei den Bestimmungen der UN-Behindertenrechtskonvention nicht um Paragraphen geht, sondern um das Leben realer Menschen.

So wurde das Protestcamp über die zwei Tage zum Anlaufpunkt für Vertreterinnen* des Deutschen Instituts für Menschenrecht, der Vertreterinnen* der Delegation der Zivilgesellschaft und für mitgereiste Politikerinnen*. Nur die Mitglieder der Regierungsdelegation ließen sich nicht sehen. Einige drückten sich verschämt an uns vorbei in Richtung Straßenbahn. Zu Recht! Und „Schämt Euch!“ für die Verweigerung der inklusiven Bildung stand auch auf unserem Transparent.

Mehrmals bekamen wir Besuch von Mitgliedern des UN-Fachausschusses. Das Auftreten der deutschen Regierungsdelegation, die keinen Willen zum Aufbau eines inklusiven Schulsystems erkennen ließ, verstärkten in ihren Augen unseren Protest. Gesammelte Eindrücke vom Protestcamp finden Sie in der angehefteten Story auf unserem Instagram-Account. Viele weitere Stories finden sich dort u.a. bei berliner_buendnis,

Instagram / mittendrin e.V.

Stories auf Instagram

Rund 20 Menschen stehen hinter einem Transparent in Deutschland farben mit dem Schriftzug „Schämt Euch! Deutschland verweigert das Menschenrecht auf inklusive Bildung.\


Protestcamp 2

Prominente Verstärkung bekam das Protestcamp von Jason, dessen Blog „Wochenendrebell“ mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet worden ist und dessen Geschichte im gleichnamigen Film Ende September in die Kinos kommt:

instagram.com/wochenendrebell

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Bildschirmfoto von einer Instagram-Seite. Logo Wochenenderebell und Fotos von einem jungen Mann mit braunen Haaren.


Protestcamp 3

Hat die weite Reise zum Protestcamp nach Genf sich gelohnt? Anne und Janine mit einem privaten Rückblick und Ausblick aus dem Nachtzug zurück nach Berlin:

Instagram / berliner_buendnis

Zur Insta-Story

Bildschirmfoto einer Instastory. Zwei Frauen sitzen in einem Zugabteil und sprechen miteinander.


Berichterstattung 1

Der Spiegel berichtet, wie wenig diplomatisch die Staatenprüfung Deutschlands vor dem UN-Fachausschuss verlief. Die Bockbeinigkeit der deutschen Delegation gegenüber der Forderung, Sonderschulen und Behindertenheime abzubauen, löste Erstaunen und Fassungslosigkeit aus. Die Vize-Vorsitzende des Gremiums sprach gar von „Skandal“:

Spiegel

Zum Beitrag (Paywall)

Rund 25 Mneschen stehen hinter einem Transparent mit der Aufschrift „Schämt Euch! Shame on you!“


Berichterstattung 2

Das ARD-Morgenmagazin stellt Teilnehmerinnen* des Protestcamps vor:

ARD Morgenmagazin

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Eine Frau und eine Jugendliche sitzen auf einer Bank und schauen in ein Heft.


Berichterstattung 3

Die taz hinterfragt die Gründe für die Elternaktion in Genf:

taz

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Bildschirmfoto der taz. Überschrift: „Mit so einer deutschen Bräsigkeit“


Berichterstattung 4

Der WDR-Hörfunk fragt nach der Situation in der inklusiven Bildung in Deutschland:

WDR

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Bildschirmfoto von der Internetseite des WDR. Überschrift: Symbolbild: Symbolbild: Kinder in einer Gemeinschaftsgrundschule (Aachen 2017) 00:0000:00 Inklusive Bildung in Deutschland: \


Berichterstattung 5

Die Berliner Zeitung fragt nach den Hintergründen in Berlin:

Berliner Zeitung

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Bildschirmfoto von der Internetseite der Berliner Zeitung. Überschrift:Berliner Eltern protestieren für mehr Inklusion: „Das Kind muss endlich im Mittelpunkt stehen“


Berichterstattung 6

Das WDR-Meinungsmagazin Politikum will nochmal grundsätzlich diskutieren:

WDR Politikum

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Bildschirmfoto von der Internetseite des WDR 5 Politikum. Überschrift: Inklusion im Rückwärtsgang & Aiwanger unter der Lupe


Berichterstattung 7

News4Teachers fasst die Kritik mehrerer Seiten an Deutschland zusammen:

News4Teachers

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Bildschirmfoto von der Internetseite von News for teacher. Überschrift:  „Inklusion stockt“: Nach UN-Prüfung erwarten Elterninitiativen Rüge für Deutschland


Dokumentation

Kobinet hat die Staatenprüfung zum Nachhören und alle Begleitinformationen hier zusammengestellt:

kobinet

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Bildschirmfoto von der Internetseite von kobinetnachrichten mit der Überschrift: Staatenprüfung zur UN-Behindertenrechtskonvention zum Nachlesen und Nachhören.


Meinung

Woher kommt die deutsche Lust am Sortieren von Kindern? Eine Analyse von Aleks im Blog Kaiserinnenreich:

kaiserinnenreich

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Bildschirmfoto von der Internetseite Kaiserinnenreich. Überschrift: Plädoyer für Inklusion


Verdeckte Exklusion

Bei einer Diskussionsveranstaltung der Bildungsgewerkschaft GEW in Niedersachsen stellt Professor Rolf Werning angebliche Fortschritte des Landes Niedersachsen in Sachen Inklusion in Frage:

rundblick-niedersachsen

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Foto von Lexikon-Seite. Der Begriff Inklusions ist rot markiert.


Gute Akquise

In Sachsen-Anhalt besuchen mehr Schülerinnen* Förderschulen als in vielen anderen Bundesländern. Dies führt zu hohen Zahlen von Menschen ohne Schulabschluss:

mdr

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Leeres Klassenzimmer. Die Stühle stehen auf den Tischen.


Ideologie 1

Ein Thüringer Oppositionspolitiker hat in einem Fernsehinterview die Inklusion in den Schulen als „Ideologieprojekt“ bezeichnet und ist damit auf heftigen Widerspruch gestoßen. Eine Reflektion:

taz

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eine junge Frau mit blonden langen Haaren, einer pinkfarbenen Schleife im Haar und Down-Syndrom schaut böse.


Ideologie 2

Plötzlich sind alle gegen die Ausgrenzung von Schülerinnen* mit Behinderung. Aber Halt: Wie handeln denn die demokratischen Parteien und auch die Kirchen sonst, wenn es um Inklusion in der Schule geht? Hubert Hüppe mit Klartext:

Die Tagespost

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In einem Klassenzimmer sitzen Schüler*innen an Tischen und arbeiten. Eine Person sitzt im Rollstuhl.


Ideologie 3

Was ärgert den Faschisten an der Inklusion? Sie steht für mehr und im Grunde für alles, was er beseitigen will:

Gedenkort-T4

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Bildschirmfoto von der Internetseite Gedenkort-T4. Überschrift: „Das Bekenntnis zur Inklusion ist die umfassendste Antwort auf den Nationalsozialismus“ (Michael Wunder)


Ideologie 4

Darf die Zivilgesellschaft sich zurücklehnen, wenn ein Faschist die Ausgrenzung von behinderten Schülerinnen* aus den allgemeinen Schulen propagiert? Ein Aufruf der Autorin Hadija Haruna-Oelker:

Frankfurter Rundschau

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In einem weißen Lichtkegel auf schwarzem Hintergrund ist steht der schwarze Umriss eines Kopfes.


Ideologie 5

Warum, ja warum nur hören sich die Sprüche vieler Schulpolitikerinnen* zur inklusiven Bildung so verdammt ähnlich an wie die eines rechtsextremen Politikers? Wird das die Inklusionsskeptikerinnen* zum Nachdenken bringen? Und bemerken sie, wo der Herr seine Anleihen nimmt?

Table.Bildung

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Björn Höcke sitzt einem Moderator gegenüber. Unten links steht das Logo MDR Sommerinterview


Bewegung

Die Initiative „Bildungswende jetzt!“ ruft zum bundesweiten Protesttag für inklusive und zukunftsfähige Bildung auf: „Deutschland steckt in einer der schwersten Bildungskrisen seit Gründung der Bundesrepublik! Bundesweit fehlen hunderttausende Kitaplätze. Der Mangel an Lehrkräften und Erzieher*innen steigt immer weiter und trifft auf ein veraltetes und unterfinanziertes Bildungssystem, das sozial ungerecht ist. Die krassen Folgen spüren Schüler*innen, die Bildungsbeschäftigten in Kita & Schule, die Eltern und die gesamte Gesellschaft.“

Zeit und Ort der Demonstrationen, die am 23. September in vielen Bundesländern stattfinden werden, finden Sie hier:

bildungswende-jetzt

Zur Website

Bildschirmfoto von der Internetseite Bildungswende-Jetzt. Über einem Foto von demonstrierenden Menschen steht „ MACH MIT!   DOWNLOAD   MATERIALIEN   SHOP   ÜBER UNS   FAQ   PRESSE SPENDEN      Bildungsprotesttag 23.09.23 – Mach jetzt mit!“

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