Inklusions-Pegel August 2021
Neues zum Thema Inklusive Bildung, liebe Leute!
Heute erhalten Sie eine neue Ausgabe unseres Newsletters INKLUSIONS-PEGEL, dem Folgeprojekt unserer Kampagne zum Film DIE KINDER DER UTOPIE. Hier berichten wir jeden Monat, was in Deutschland rund um die Umsetzung von Artikel 24 — inklusive Bildung — der UN-Behindertenrechtskonvention passiert. Dabei versuchen wir einerseits, die Bundesländer und Kommunen als Akteure der Schulpolitik im Blick zu behalten, und andererseits, die Nachrichten nach bundesweiter Relevanz zu filtern.
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Ihr mittendrin e.V.
Dies ist der letzte Inklusions-Pegel vor der Bundestagswahl. Und, was soll man dazu sagen? Neben ihren Abschiedsbesuchen bei Macron und Putin hat die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel auch noch Zeit für einen Abschiedsbesuch bei der Inklusionsbewegung gefunden. Beim Jahresempfang des Bundesbehindertenbeauftragten forderte sie, Kinder und Jugendliche mit Behinderung sollten in die gleichen Schulen gehen und die gleichen Freizeiteinrichtungen nutzen, damit es leichter wird, auch im Erwachsenenalter gemeinsame Wege zu gehen.
Frau Merkel möchte, dass wir sie in guter Erinnerung behalten. Und tatsächlich ist der einfache Satz von der Kanzlerin bemerkenswert und irgendwie herzerwärmend. Er macht die inklusive Bildung nicht zum Streitfall, nicht zu einer großen Herausforderung und nicht zu einer Angelegenheit, deren Durchsetzung Politik auf dem Rücken der Eltern von behinderten Kindern abladen kann. Er stellt einfach fest, dass es politisch wünschenswert ist, dass alle Kinder und Jugendlichen zusammen aufwachsen, um Spaltung im Erwachsenenalter vorzubeugen. Und dass dieses Prinzip auch für Kinder mit Behinderung gilt.
In diesem Sinne: vielen Dank, Frau Merkel! Noch schöner wäre es gewesen, diesen Satz zehn oder zwölf Jahre früher zu hören. Das wäre eine Zeit gewesen, in der die Bundeskanzlerin Angela Merkel auch noch etwas hätte dafür tun können, dass die inklusive Bildung in Deutschland Selbstverständlichkeit wird. Schließlich ist – war – sie als Regierungschefin gegenüber der UNO in der Verantwortung, dass völkerrechtliche Verträge wie die UN-Behindertenrechtskonvention im ganzen Land umgesetzt werden. Da taugt der deutsche Bildungsförderalismus nicht als Ausrede. Aber sie hat es liegen lassen. Schade.
Die Themen im August
Bewegung I
Bei vielen Kennziffern zur inklusiven Entwicklung belegt das Land Mecklenburg-Vorpommern den letzten Platz. Eltern, die für ihr Kind inklusive Bildung wollen, stehen meist allein. Das könnte sich jetzt ändern. Im Namen der Gemeinsam-Lernen-Bewegung ein herzliches Willkommen für den neuen Landesverband der bundesweiten Elternbewegung für Inklusion:
Gründung der Initiative „Gemeinsam leben, gemeinsam lernen – Mecklenburg-Vorpommern“
Gemeinsam leben, gemeinsam Lernen – MV
Bewegung II
Niedersachsen wollte sein KiTa-Gesetz modernisieren. Ein Rechtsanspruch auf einen inklusiven KiTa-Platz für Kinder mit Behinderung bleibt abermals aus. Die Initiative „Recht auf Bildung“ prangert dies an:
Recht auf Bildung für alle!
recht-auf-bildung-nds
Bewegung III
Das Berliner Bündnis „Schule muss anders“ dreht weiter auf und erhöht den Druck auf den Senat. Für den 28. August war erneut eine Demonstration für bessere Bildung und Inklusion angesetzt.
Probleme angehen, statt nur Löcher stopfen
nd-aktuell
Bewegung IV
Immer noch hält die Universität Hannover daran fest, im Rahmen von Sparmaßnahmen ausgerechnet die Professur für inklusive Bildung zu streichen. Dagegen richtet sich nun eine Petition:
Für den Erhalt der Professur 'Inklusive Schulentwicklung' an der Universität Hannover
change.org
Bewegung V
Die hessische Landesregierung ist stolz auf das neue Lehrerbildungsgesetz und die Tatsache, dass angehende Lehrerinnen* sich in Zukunft auch mit inklusiver Bildung auseinandersetzen werden. Der Elternbeirat dagegen ist unzufrieden und sieht gravierende Mängel:
Das geänderte Hessische Lehrerbildungsgesetz wird den heutigen Anforderungen – insbesondere nach der Pandemie – nicht gerecht.
elternbund
Statement
„Sie sollten in die gleichen Schulen gehen und die gleichen Freizeiteinrichtungen nutzen. Dann wird es selbstverständlicher, in späteren Jahren gemeinsame Wege zu gehen.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich auf dem Jahresempfang des Behindertenbeauftragten eindeutig zur Inklusion auch in den Schulen geäußert:
Merkel startet eine Revolte – und keiner hört hin
yahoo nachrichten
Bundestagswahl I
Nur noch wenige Wochen bis zur Bundestagswahl. Der Deutsche Behindertenrat hat seine Forderungen vorgelegt, darunter die nach einer verbindlichen Gesamtstrategie für inklusive Bildung:
Behindertenpolitische Forderungen des Deutschen Behindertenrates (DBR)
zur Wahl des 20. Deutschen Bundestages 2021
vdk
Bundestagswahl II
Auch die Initiative Selbstbestimmt Leben fordert von der kommenden Bundesregierung einen Masterplan für inklusive Bildung, erarbeitet unter Beteiligung der Betroffenen:
1. behindertenpolitisches Gebot zur Bundestagswahl
ISL
Corona I
Der Kolumnist Daniel Horneber zieht aus den Geschehnissen der Corona-Zeit den Schluss, wie wichtig es ist, dass Schülerinnen* mit Behinderung in die allgemeinen Schulen inkludiert werden.
Regelschule für alle
nd-aktuell
Corona II
Auch nach 18 Monaten Pandemie hält der Kampf gegen Benachteiligungen von Schülerinnen* mit Behinderung im Rahmen der Corona-Regelungen an. Jetzt wurde gerichtlich festgestellt, dass auch sie das Recht haben, das Ausnahme-Schuljahr nachzuholen:
SARS-CoV-2: Möglichkeit der Wiederholung des Schuljahres auch für Schülerin mit sonderpädagogischem Förderbedarf
Kostenlose Urteile
Flut
Die Leichlinger Paul-Klee-Förderschule für Schüler*innen mit körperlichen Behinderungen wurde durch die Juli-Flut zerstört. Der Schulträger, der Landschaftsverband Rheinland will die Schule an einem sicheren Standort neu bauen. Die Förderschüler*innen der Region müssen sich auf ein jahrelanges Provisorium einstellen. Die bessere und schnellere Idee wäre es sicherlich, in gemeinsamer Anstrengung der zuständigen Behörden ein gutes Angebot inklusiver Bildung in allen betroffenen Kommunen aufzubauen.
LVR-Förderschule wird abgebrochen – Paul-Klee-Schule flüchtet vor dem Hochwasser
rundschau-online
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Teilhabe
Was kann der Bund tun, um die Bildungschancen benachteiligter Kinder und Jugendlicher zu verbessern? Expertinnen* des Wissenschaftszentrums Berlin haben im Auftrag der Böll-Stiftung Vorschläge für gesetzliche Regelungen für Unterstützungsmaßnahmen des Bundes erarbeitet:
Schlechte Bildungschancen trotz Behindertenrechtskonvention – Inklusionsmangel und sozialer Stand oft ursächlich
EU-schwerbehinderung
UNESCO
Die UNESCO hat unter dem Titel „All means all“ einen globalen Report über inklusive Bildung vorgelegt. Es werden Daten präsentiert, unterschiedliche Formen der Exklusion analysiert und Lösungswege entwickelt. Ein Aufruf zum Handeln, auch im Sinne der Stabilisierung der Gesellschaften:
Global education monitoring report:
Inclusion and education: ALL MEANS ALL
unesco
Neue Schule I
Die mehrfach preisgekrönte Bremer Kinderschule bekommt eine Partnerschule für die Sekundarstufe – ebenfalls mit einem praxisorientierten pädagogischen Konzept: Eine verwilderte Grünfläche roden und bepflanzen - oder drei Wochen in der Kleingruppe mit 150 Euro unterwegs sein: Bei solchen Herausforderungen sollen Schülerinnen* an der geplanten Jugendschule Wissen erwerben. Die neue inklusive Oberschule wird von einer Initiative aus Eltern, Pädagoginnen* und ehemaligen Schülerinnen* gegründet. Der Antrag bei der Bildungsbehörde ist eingereicht.
Initiative will neue Oberschule gründen
Weser-Kurier
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Neue Schule II
Potsdam könnte eine inklusive Universitätsschule bekommen– so wie sie bisher deutschlandweit nur Köln, Bielefeld und Dresden besitzen. Das Projekt hat Eingang in den heiß diskutierten Schulentwicklungsplan der Stadt gefunden und soll nun intensiv weiterverfolgt werden.
Labor für Bildung: Potsdam soll eine Universitätsschule erhalten
Märkische Allgemeine
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Bayerischer Weg
Inklusion braucht Sicherheit und Kontinuität. Wie wenig dies auf die bayerischen Kooperationsklassen zutrifft, zeigt dieses Beispiel. Kaum wird's eng beim Personal, wird die „Inklusionsklasse“ auseinandergerissen:
Brief an Söder:
Protest gegen Aus für Münchberger Klasse
Frankenpost
Exklusion
Wie wenig Deutschland bei der inklusiven Bildung vorangekommen ist, zeigt sich immer wieder im Fall von Schülerinnen* mit Diabetes. Weil die zuständigen Stellen die Verantwortung hin- und herschieben, droht den Betroffenen der Ausschluss aus der allgemeinen Schule.
Inklusion muss erleichtert werden
Westfalen-Blatt
Debatte
Sind die Eltern Schuld, dass die Inklusion nicht vorankommt, weil viele ihre Kinder an Förderschulen anmelden? Oder haben sie schlichtweg keine wirkliche Wahl? Raúl Krauthausen warnt vor Eltern-Bashing:
Wenn Eltern für Exklusion kämpfen
raul
NoNIPT
Mit der Absegnung einer Info-Broschüre hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im August einen weiteren Schritt zur Kassenfinanzierung des vorgeburtlichen Bluttests auf Trisomien getan. Der Protest gegen das absehbare Screening von Kindern mit Down-Syndrom reißt nicht ab. Bei der Politik stößt er immer noch auf taube Ohren.
Trotz lautem Protest aus der Zivilgesellschaft: Kassenfinanzierung des Bluttests auf Trisomien wird durchgewunken.
NoNIPT
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