Inklusions-Pegel - Der Newsletter zu inklusiver Bildung in Deutschland

Inklusions-Pegel März 2023

Neues zum Thema Inklusive Bildung, liebe Leute!

Heute erhalten Sie eine neue Ausgabe unseres Newsletters INKLUSIONS-PEGEL, dem Folgeprojekt unserer Kampagne zum Film DIE KINDER DER UTOPIE. Hier berichten wir jeden Monat, was in Deutschland rund um die Umsetzung von Artikel 24 — inklusive Bildung — der UN-Behindertenrechtskonvention passiert. Dabei versuchen wir einerseits, die Bundesländer und Kommunen als Akteure der Schulpolitik im Blick zu behalten, und andererseits, die Nachrichten nach bundesweiter Relevanz zu filtern.

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Ihr mittendrin e.V.

Kommentar: Die Eule spricht

Wie drückt man in wissenschaftlicher Sprache aus, dass unser Land und unser Schulsystem an die 50.000 Jugendliche eines jeden Jahrgangs einfach aufgibt? Sie haben in der Schule wenig gelernt, erreichen keinen Schulabschluss und starten mit ärmlichen bis gar keinen Chancen ins Berufsleben. In der politischen und medialen Diskussion werden diese Jugendlichen als „Schulabbrecher“ bezeichnet. Das ist in höchstem Maße irreführend.

Schulverweigerer, die aus unterschiedlichen Gründen einfach nicht mehr zum Unterricht erscheinen, sind in dieser Gruppe eine Minderheit. Die meisten gehen brav bis zum letzten Tag zur Schule. Dass es für einen Schulabschluss dennoch nicht reicht, liegt daran, dass unser Bildungssystem es in zehn Schuljahren nicht geschafft hat, ihnen Bildung im Sinne des für einen Hauptschulabschluss vorgesehenen Kanons zu ermöglichen. Und für einen erheblichen Teil der sogenannten „Schulabbrecher“ ist ein Schulabschluss als Ziel noch nicht einmal gesetzt. Was uns zum unbeleuchteten Fleck der meisten Debatten über die Gründe für die hohen „Schulabbrecher“-Zahlen und mögliche Mittel für mehr Bildungserfolg führt.

Rund die Hälfte aller „Schulabbrecher“, genau 49 Prozent, kommen von Förderschulen: Von der Förderschule „Lernen“ (die als Schulform wie als Förderschwerpunkt im Rest Europas nahezu unbekannt ist), aber auch von Schulen für körper- oder sinnesbehinderte Schülerinnen* sowie von den stark wachsenden Förderschulen für Kinder mit emotional-sozialen Problemen und geistiger Behinderung.

Nüchtern betrachtet, wären diese Zahlen ein zwingender Anlass, auch über die Qualität von Förderschulen und das Bildungskonzept der Sonderpädagogik zu diskutieren. Doch an diesem Punkt herrscht Schweigen. Die Folgen sind nicht nur für die betroffenen Schülerinnen* fatal. Auch die Gesellschaft erleidet Schaden. Der Autor der „Schulabbrecher“-Studie, der Professor Klaus Klemm, nennt das „Demographische Verknappung und qualifikatorische Vergeudung“.

Die Themen im März

Abschlüsse 1

Wieder einmal wird die hohe Zahl von Schülerinnen* diskutiert, die unsere Schulen ohne Abschluss verlässt. Und wieder einmal wird gerätselt, wie man die schlechte Bilanz verbessern könnte. Erstaunlich ist dabei: Die Tatsache, dass die Hälfte der Jugendlichen ohne Schulabschluss von Förderschulen kommt, wird in der Diskussion zumeist wieder zur Randnotiz – oder komplett ignoriert, wie hier bei Gewerkschaftsbund und Arbeitgeberverbänden:

Sozialpartner: Gemeinsam für bessere Bildungschancen

DGB

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Bildschirmfoto des Presseportals des DGB


Abschlüsse 2

Die taz gräbt tiefer und sucht die Gründe in unserer Schul- und Unterrichtskultur:

Wir brauchen die Störenfriede

taz

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Abschlüsse 3

Der bayerische Landesverband der Bildungsgewerkschaft GEW stellt die Schulstruktur in Frage und setzt auf inklusive Bildung:

GEW fordert als Konsequenz aus der aktuellen Schulabbrecher-Studie: „Schluss mit dem viergliedrigen Schulsystem“

News4Teacher

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Abschlüsse 4

Der Verband Sonderpädagogik fordert, neue kompetenzorientierte Schulabschlüsse für Förderschülerinnen* einzuführen. Das würde zweifellos die Schulabbrecherinnen*-Statistik aufhübschen. Aber führt es auch zu besserer Bildung?

Verband Sonderpädagogik verlangt Aufwertung von Förderschulabschlüssen

bildungsklick

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Abschlüsse 5

Für alle Liebhaberinnen* von Fakten und Daten hier noch einmal der Link zur Studie, die Prof. Klaus Klemm für die Bertelsmann-Stiftung erstellt hat:

Jugendliche ohne Hauptschulabschluss

Bertelsmann Stiftung

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Bildschirmfoto von der Website mit er Studie


Staatenprüfung

Der UN-Fachausschuss hat den Termin für die Staatenprüfung Deutschlands auf Ende August festgelegt.  Die deutsche Delegation erwarten in Genf unangenehme Fragen nach dem Stand der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention:

Staatenprüfung Deutschlands findet am 29. und 30. August statt

kobinet Nachrichten

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Bildmontage: Blaue Fahne mit Uno-Logo steht vor einem Schriftstück


Lage

Liest man die Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte, dürfte Deutschland abermals vom UN-Fachausschuss eine deutliche Rüge bekommen:

Organisation kritisiert mangelnde Inklusion von behinderten Menschen

zeit

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Ein Mann trägt ein Mädchen Huckepack. Beide lachen.


Welt-Down-Syndrom-Tag  1

Wer am Welt-Down-Syndrom-Tag bunte Socken anzieht, sollte sich vor Augen führen, wieviel tatsächlich noch zu tun und zu ändern ist, um Menschen mit Trisomie 21 ernst zu nehmen und ihnen Teilhabe zu ermöglichen. Der MDR hat sich an Thüringer Schulen umgesehen. Verwechslung mit der Situation in anderen Bundesländern nicht ausgeschlossen.

Welt-Down-Syndrom-Tag: Warum Inklusion schwierig oder einfach sein kann

mdr

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Jugendlicher mit Down-Syndrom hält den Daumen hoch und lacht.


Welt-Downsyndrom-Tag 2

Seit mehr als zehn Jahren gilt Inklusion als Menschenrecht mit verbindlichen Regeln in Deutschland. Doch wie sieht’s z.B. mit dem gleichberechtigten Zugang zu unseren Regelschulen aus?

Barrieren down! Fördern statt behindern

hr

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Bildschirmfoto von der ARD-Audiothek. Logo der Sendung DER TAG - Ein Thema viele Perspektiven


Niedersachsen 1

Im Landtagswahlkampf ist viel gestritten worden, ob das Land Niedersachsen beim längst beschlossenen Auslaufen der Förderschule Lernen bleibt oder eine Kehrtwende vollzieht. Jetzt hat der Landtag beschlossen, dass die inklusive Entwicklung weiterläuft:

Landtag beschließt das Aus für die „Förderschule Lernen“

Rundblick Niedersachsen

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Eine Frau mit mittellangen braunen Haaren redet an einem Rednerpult.


Niedersachsen 2

Das Land will Förderschulen abbauen, die Kommunen halten dagegen: Der Landkreis Osnabrück will eine Förderschule auf besonders pfiffige Art behalten: Der Förderschwerpunkt der Schule soll geändert werden:

Landkreis will Comeniusschule erhalten

OS Radio

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Auf einer alten Holzschulbank liegt eine kleine Tafel, auf der Schule geschrieben steht.


Baden-Württemberg 1

Die Elternbewegung Gemeinsam leben – gemeinsam lernen zieht sich aus den Gesprächen mit der Landesregierung über die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zurück. Der Vorwurf: Die Regierung sei an einer echten Beteiligung nicht interessiert und arbeite vor allem darauf hin „zu verhindern, dass die künftigen Ziele im Bereich inklusive Bildung allzu konkret ausfallen“:

Schluss mit Abnicken und Alibi-Beteiligung

kobinet Nechrichten

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Illustration des Löwen  aus dem Wappen von Baden-Württemberg mit bunten Punkten


Baden-Württemberg 2

Ein Podcast der Landesbehindertenbeauftragten mit Professorin Kerstin Merz-Atalik zeigt, wie sehr die hinhaltende Schulpolitik auch im internationalen Vergleich aus der Zeit gefallen ist:

Neuer Podcast zur inklusiven schulischen Bildung

kobinet Nachrichten

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Illustration von einem Mikro, Kopfhörern und Schallwellen


Hamburg

Hamburg gilt als Vorreiter in der inklusiven Bildung. Doch der folgende Bericht wirft Fragen auf: Sollen jetzt wieder mehr Schülerinnen* mit Lernbehinderung getrennt beschult werden?

Kinder mit großen Lernlücken bekommen mehr Platz

Bergerdorfer Zeitung

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Eine Frau hält ein bunt angezogenes Plüschschaf im Arm


Schule 1

Eine Grundschule in Rheinland-Pfalz zeigt, dass es bei der Inklusion darum geht, die Wege zu finden:

Tim kann mit seinen Augen die Tafel steuern – Inklusion wird in Nittel großgeschrieben

news Trier

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Ein Junge im Rollstuhl und drei Erwachsene sehen in einem Klassenzimmer und lachen.


Schule 2

Warum gelingt inklusive Bildung? „Weil wir das wollen“, sagt die Erfurter Schulleiterin:

Inklusion beginnt im Kopf

nd aktuell

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Ein Junge im Rollstuhl und ein Junge ohne Rollstuhl sitzen nebeneinander an einem Tisch im Klassenzimmer.


Schule 3

In der Dormagener Grundschule sind Kinder mit Behinderung spür- und sichtbar willkommen. Deren Eltern sind begeistert und dankbar. Das sagt viel Gutes über die Schule – und lässt Schlechtes ahnen über den Stand der inklusiven Entwicklung andernorts.

Christoph-Rensing-Schule erhält Auszeichnung für Inklusion

RP online

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Ein Mädchen mit Down-Syndrom und mehrere Erwachsene stehen nebeneinander und halten eine Urkunde hoch.


Umgekehrte Inklusion

Immer wieder kommt aus der Sonderpädagogik die Idee, wir sollten es doch angesichts unserer Schwierigkeiten beim Aufbau der inklusiven Bildung lieber erst einmal mit der sogenannten umgekehrten Inklusion versuchen, also der Öffnung der Förderschulen für Schülerinnen* ohne Behinderung.  Hierzu ein Debattenbeitrag aus Kanada, aus dem Blog des Pädagogischen Instituts Melbourne:

Why Reverse Inclusion Is Not Inclusive

Think inclusive

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Bildschirmfoto der Seite Think inklusive


Studium

Kann es eine akademische Bildung für alle geben? In Niedersachsen wurden erstmals Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen zum Studium zugelassen:

Es geht auch ohne Abi

taz

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Eine junge Frau mit schwarzem Jacket , schwarzer Melone und Down-Syndrom lächelt selbstbewusst.


Schulnotstand

Köln war lange Vorreiter beim »Gemeinsamen Lernen«. Nun wird die inklusive Entwicklung durch den Schulnotstand ausgebremst, obwohl Lehrer:innen unterschiedlicher Schulformen viel Positives über Inklusion zu berichten haben…

Verwaltung des Mangels

Stadtrevue

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Mehrer Jugendliche sitzen an einem großen Tisch und Arbeiten. Ein Mann und ein Frau stehen bei ihnen.


Debatte 1

„Aus Sonderschulen kommt man behinderter raus als rein.“, sagt Raúl Krauthausen in seinem neuen Buch zum Stand der Inklusion:

Inklusionsaktivist Raúl Krauthausen: „Inklusion ist nicht Bullerbü“

rnd

Zum Artikel

Raúl Krauthausen mit Handy in der Hand


Debatte 2

Ressourcen sind wichtig für die Entwicklung der inklusiven Bildung, sagt der Professor Clemens Hillenbrand, sie müssten allerdings auch nach sinnvollen Konzepten verwendet werden.

„Schulschwatz, der Bildungstalk!“ Neue Folge des News4teachers-Podcasts: Ist die Inklusion noch zu retten?

News4teachers

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Bildschirmfoto Podcast


Erinnerung

Die US-amerikanische Disability-Rights-Aktivistin Judy Heumann ist gestorben. Wer ihre Geschichte und ihren Kampf verstehen will, kann sich die Anfänge ansehen: Hier ein Link zum Urknall der Bewegung. Der alte und doch so aktuelle Film über das „Crip Camp“:

Crip Camp: A Disability Revolution

Netflix

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Bildschirmfoto von Netflix. Neben der Überschrift „Crip Camp“ steht ein Foto von einem jungen Mann im Rollstuhl, hinter dem ein schwarzer junger Mann steht, der eine Gitarre über die Schulter gelegt hat.


Pränataldiagnostik 1

Was haben sie uns nicht alles versprochen: Die Kassenfinanzierung des Pränataltests auf Trisomien (NIPT) sollte in keinem Fall ein Screening auf Föten mit Down-Syndrom auslösen. Er sollte nur bei Risikoschwangerschaften eingesetzt werden, unter eingehender Beratung der Schwangeren und er sollte die Zahl der invasiven Fruchtwasseruntersuchungen senken. Erste Erfahrungen aus Bremen zeigen nun: Nichts davon stimmt. Schwangere nehmen den Test in Anspruch, ohne über dessen Aussagekraft informiert zu sein. Und die Zahl der Fruchtwasseruntersuchungen steigt sogar.

Trügerischer Bluttest

taz

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Eine Hand mit Gummihandschuh hält ein Reagenzglas mit Blut.


Pränataldiagnostik 2

Das Land Bremen mag sich mit der Kassenfinanzierung des NIPT nicht abfinden. Auf Initiative der Frauenbeauftragten und des Behindertenbeauftragten hat die Bürgerschaft Im März einstimmig eine Bundesratsinitiative gestartet, um den Beschluss zurückzuholen:

Verantwortungsvoll und gemeinsam eine Grundlage für eine sachgerechte, ethisch verantwortliche und rechtssichere Anwendung von nicht-invasiven Pränataltests schaffen

Behindertenbeauftragter Bremen

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Reagenzglas mit Blut, daneben die Headline: Nicht-invasiven Pränataltest (Bluttest) - Antrag der Fraktionen der SPD, DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen, der CDU und der FDP

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