Inklusions-Pegel - Der Newsletter zu inklusiver Bildung in Deutschland

Inklusions-Pegel März 2022

Neues zum Thema Inklusive Bildung, liebe Leute!

Heute erhalten Sie eine neue Ausgabe unseres Newsletters INKLUSIONS-PEGEL, dem Folgeprojekt unserer Kampagne zum Film DIE KINDER DER UTOPIE. Hier berichten wir jeden Monat, was in Deutschland rund um die Umsetzung von Artikel 24 — inklusive Bildung — der UN-Behindertenrechtskonvention passiert. Dabei versuchen wir einerseits, die Bundesländer und Kommunen als Akteure der Schulpolitik im Blick zu behalten, und andererseits, die Nachrichten nach bundesweiter Relevanz zu filtern.

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Ihr mittendrin e.V.

Kommentar: Die Eule spricht

Was soll man da sagen: Das deutsche Schulsystem kann Willkommenskultur und es lässt sich von nix Bange machen! Zehntausende geflüchtete ukrainische Schülerinnen* sind innerhalb kürzester Zeit in den Schulen aufgenommen worden und alle wissen, dass es noch viel mehr werden. Dabei fehlt es ohnehin schon an Schulraum und vor allem an Lehrerinnen*. Trotzdem machen alle mit. „Nicht die Zeit zu jammern“, zitiert der Kölner Stadt-Anzeiger eine Schulleiterin auch angesichts der immensen Mehrarbeit, die auf sie zukommt. Die zupackende Stimmung vieler Schulleiterinnen* überträgt sich auf die gesamte Schulgemeinde. „Die Kinder reißen sich um die Neuen“, wird ebenfalls in der Zeitung berichtet.

Gegenstimmen stoßen auf wenig Resonanz. Zwar sagt die ukrainische Generalkonsulin, dass sie eine Integration der ukrainischen Schülerinnen* in die deutschen Schulen gar nicht will. Die Kinder sollten von ukrainischen Lehrerinnen* nach ukrainischem Lehrplan unterrichtet werden. Das lässt aber die Präsidentin der Kultusministerinnen*konferenz nicht gelten: Wir könnten doch kein paralleles Schulsystem aufbauen.

Mit einem tiefen Seufzer betrachtet die Eule die Szenerie. Es ist so schön, diese Welle von Engagement, Solidarität, Aufnahmewillen und zupackender Hilfsbereitschaft durch die Schulen und die Schulverwaltungen rollen zu sehen! So schön! So schön, dass es gleichzeitig wehtut – zumindest wenn man an das Gezerre denkt, das sich seit 13 Jahren in den selben Schulen und unter denselben Schulpolitikerinnen* und Verbandsvertreterinnen* ausbreitet, wenn es um die Inklusion von Schülerinnen* mit Behinderung geht.

Ach, das ist etwas anderes? Ja. Eine Gruppe von Kindern wird willkommen geheißen. Die andere nicht.

Die Themen im März

Integration

Millionen Menschen fliehen vor dem Krieg in der Ukraine nach Westeuropa. Auch in Deutschland werden große Anstrengungen unternommen, die geflüchteten Kinder und Jugendlichen in die Schulen aufzunehmen.

„Können kein paralleles Schulsystem etablieren“

Welt

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Eine Frau schreibt an eine Tafel.


Bewegung 1

Am 26. März war es 13 Jahre her, dass die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland im Status eines Bundesgesetzes rechtswirksam geworden ist. Die Umsetzung stockt weiterhin, auch und gerade im Bereich der inklusiven Bildung. Der rheinland-pfälzische Beauftragte für Menschen mit Behinderung hat jetzt den Aufruf einer ganzen Autorinnen*gruppe veröffentlicht, hier endlich voranzuschreiten. Die politische Behauptung eines „Elternwahlrechts“ nennt er eine Farce:

Aufruf für inklusive Schulen

kobinet

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AUsrufezeichen


Bundestag

Ursprünglich wollten die Regierungsfraktionen im Bundestag eine Enquete-Kommission einsetzen, um gründlich zu erarbeiten, wie die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention voran kommt und an welchen Stellen es hakt. Das scheint in Vergessenheit zu geraten. Die Abgeordnete Corinna Rüffer versucht jetzt, wieder Bewegung in die Sache zu bringen.

Enquete-Kommission zur umfassenden Umsetzung der UN-BRK einrichten

Corinna Rüffer

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Screenshot von der internet der Bundestagsabgeordneten Corinna Rüffer.


Misserfolg

Haben Förderschulen eine rehabilitierende Wirkung? Erfüllen sie ihre Aufgabe, Schülerinnen* so zu fördern, dass sie an eine allgemeine Schule wechseln können? Die Antwort lautet: nein. Die Zahl der Schulformwechselerinnen* in Richtung allgemeine Schule ist so gering, dass sie in der Vergangenheit wegen statistischer Irrelevanz gar nicht dokumentiert wurde. Jetzt gibt es in NRW veröffentlichte Zahlen. Schauen Sie und staunen Sie:

Förderschüler:innen haben kaum Aussicht auf Schulformwechsel

bildungsklick

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Ein Mädchen sitzt an einem Tisch und schreibt.


Protest

Der rechtsextreme französische Präsidentschaftskandidat Èric Zemmour hält nichts von Inklusion und fordert für Kinder mit Behinderung die Sonderbeschulung. Der Vater eines Autisten hat ihm deshalb öffentlich ein Ei auf dem Kopf zerschlagen.

Französischer Politiker:
Mann schlägt rohes Ei auf Kopf des Rechtsextremen Zemmour

FAZ

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Rechtsextremen französischen Präsidentschaftskandidaten Éric Zemmour winkt seinem Publikum.


Bewegung 2

Anlässlich des Welt-Down-Syndrom-Tags fordert die Freisinger Elterninitiative FINI von Bayern die Verwirklichung der inklusiven Bildung. Die Eltern fühlen sich von der Landesregierung hingehalten: „Man fühlt sich ohnmächtig, weil in der Regel keine Optionen zur Auswahl stehen. Inklusion ist bei uns noch sehr projektbezogen, auf Einzelaktionen angelegt und beruht auf Eltern-Aktivismus. Immer noch geht es darum, dass wir das Recht auf Inklusion einfordern müssen. Inklusion sollte aber von selbst stattfinden.“

„Wir werden noch lauter werden“: FINI-Mitbegründerin Irmi Hierhager kämpft weiter für Inklusion

Merkur

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Selfie von einer Familie mit zwei Kindern. Alle lachen. Eines der Kinder hat Down-Syndrom.


Kindeswohl

Immer noch kommt es in Deutschland zu Zwangszuweisungen von Schülerinnen* an Sonderschulen. Zur Begründung wird in solchen Fällen oft behauptet, die Umschulung diene dem „Kindeswohl“. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat diese Praxis nun am Beispiel einer vom Bundesverfassungsgericht leider zurückgewiesenen Klage kritisiert. Im Sinne des Kindeswohls, so das Institut, sei die Verwirklichung des individuellen Rechts auf inklusive Bildung.

„Kindeswohl muss im Lichte des Rechts auf inklusive Bildung verstanden werden“

Institut für Menschenrechte

Zum Interview

Screenshot vom Dokument


Schulbegleitung 1

Schon im Jahr 2015 startete in der Region Aachen ein Modellprojekt, in dem Schulbegleitung nicht mehr als individuelle Leistung für einzelne Schülerinnen* sondern als systemische Ressource zur Stärkung der Schule eingesetzt wurde. Jetzt soll weiter ausgebaut werden.

Inklusionsassistenten im Projekt „KOBSI“ stehen Kindern zur Seite

Euregio aktuell

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Zwei Puzzleteile


Schulbegleitung 2

Auch im oberbergischen Wermelskirchen werden Schulen im Rahmen eines Projekts mit Inklusionsassistenzen verstärkt. Nun entstehen Probleme, weil diese Assistenzen deutlich schlechter bezahlt werden als Einzelfallhelfer, die an anderen Schulen eingesetzt werden.

Inklusionshelfer angemessen bezahlen

RP Online

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Ein Mädchen steht vor einer Tafel im Klassenzimmer. Auf der Tafel steht Inklusion.


Gymnasium

Ein Schwarzwälder Gymnasium nimmt neuerdings Schülerinnen* mit Behinderung auf. Von deren Müttern gab´s für Schule und Schulleitung jetzt eine Auszeichnung:

Inklusion in Altensteig:
Mütter zeichnen Gymnasium aus

Schwarzwaelder Bote

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eine Gruppe von Erwachsenen und Kindern mit und ohne Behinderung stehen zusammen und lachen. Ein Mann hält eine Dokument in die Kamera.


Webschule

Für manche Schülerinnen* ist die Bochumer Webschule die einzige Möglichkeit, ihre Schulpflicht zu erfüllen. Sie wird auch rege von Schülerinnen* aus anderen Bundesländern genutzt. Jetzt wehrt sich die NRW-Schulaufsicht, ihnen weiter die Schulabschlussprüfungen abzunehmen. Das mache zu viel Arbeit.

Internetschule wirft Ministerin Wortbruch vor

Süddeutsche Zeitung

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Yvonne Gebauer (FDP), Schulministerin von Nordrhein-Westfalen, redet im Landtag.


Diklusion

Viel wird aktuell über digitale Medien in der Schule gesprochen. Für Schülerinnen* mit Behinderung kann deren Einsatz ein Fortschritt sein, aber auch ein Rückschritt in der Teilhabe. Die Lehrerin Lea Schulz hat untersucht, wie digital gestützter Unterricht die Inklusion voranbringen kann.

Interview mit Lea Schulz – Inklusion und digitale Medien

appcamps

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Screenshot der Seite appcamps.de


(Lehrerinnen*-)Bildung 1

Im April geht´s wieder los: Die Aachener Abendgespräche zur Inklusion. Hier finden Sie das Angebot:

Aachener Abendgespräche zur schulischen Inklusion - Sommersemester 2022

RWTH Aachen

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Logo der RWTH Aachen, Institut für Erziehungswissenschaften


(Lehrerinnen*-)Bildung 2

Das Dresdner Zentrum für Lehrerinnen*bildung hat einen Preis bekommen. Hier werden in einem multifunktionalen Klassenzimmer inklusive Lehr-Lern-Konzepte erprobt.

"Lehr-Lern-Raum Inklusion": "Hochschulperle des Monats" März geht nach Dresden

FinanzNachrichten

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Screenshot der Seite FinanzNachrichten.de


Ethikrat

Die Kassenfinanzierung des vorgeburtlichen Bluttests auf Trisomien ist bereits beschlossen. Dennoch hat der Protest des Bündnisses #NoNIPT etwas erreicht. Inzwischen hat sich auch der Deutsche Ethikrat des Themas wieder angenommen und eine Fachveranstaltung unter dem Titel „Wissens-Wert? Zum verantwortlichen Umgang mit nichtinvasiven Pränataltests (NIPT)“ durchgeführt.

Anerkannte Wissenschaftler*innen verschiedener Professionen und engagierte und sachkundige Vertreter*innen der Praxis kamen dort zu Wort. Darunter auch Vertreter*innen des Bündnis #NoNIPT. Alle waren sich unerwartet einig in der Kritik an der Kassenfinanzierung dieses Tests und in der Sorge über die zu erwartenden Folgen für die werdenden Eltern und uns als Gesellschaft. Die Veranstaltung hatte mit ca. 3.000 Teilnehmerinnen eine sehr große Resonanz. Im Chat wurden über 100 Fragen gestellt. Wer nicht live teilnehmen konnte, kann sich die Video-Aufzeichnung auf der Internetseite des Deutschen Ethikrates ansehen. Auch die Tagungsmappe zur Veranstaltung und eine Transkription sind dort zu finden.

Relive: Forum Bioethik des Deutschen Ethikrates
Wissens-Wert? Zum verantwortlichen Umgang mit nichtinvasiven Pränataltests (NIPT)

NoNIPT.de

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Weiße Schrift auf hellblauem Hintergrund: Deutscher Ethikrath – Forum Bioethik / 23.02.2022: Wissens-wert? Zum verantwortlichen Umgang mit nicht invasiven Pränataltests (NIPT). Gelber Balken mit schwarzer Schrift: Videoaufzeichnung & Tagungsmappe jetzt online. Darüber steht: Selektive Pränataldiagnostik – Wollen wir das wirklich?. Unter der Schrift steht: #NoNIPT, Bündnis gegen die Kassenfinanzierung des Bluttests auf Trisomien* – www.NoNIPT.de


 

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