Inklusions-Pegel - Der Newsletter zu inklusiver Bildung in Deutschland

Inklusions-Pegel November 2021

Neues zum Thema Inklusive Bildung, liebe Leute!

Heute erhalten Sie eine neue Ausgabe unseres Newsletters INKLUSIONS-PEGEL, dem Folgeprojekt unserer Kampagne zum Film DIE KINDER DER UTOPIE. Hier berichten wir jeden Monat, was in Deutschland rund um die Umsetzung von Artikel 24 — inklusive Bildung — der UN-Behindertenrechtskonvention passiert. Dabei versuchen wir einerseits, die Bundesländer und Kommunen als Akteure der Schulpolitik im Blick zu behalten, und andererseits, die Nachrichten nach bundesweiter Relevanz zu filtern.

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Ihr mittendrin e.V.

Kommentar: Die Eule spricht

Die Bildungschancen von Kindern mit Migrationsgeschichte müssen besser werden. Darüber sind die Schulpolitikerinnen* aller demokratischen Parteien einig. Doch wie kann das erreicht werden? Sollte man Schulen nach Sozialindizes besser ausstatten? Braucht es Tutorenprogramme, staatlich organisiert und flächendeckend, wie sie als kleine private Initiativen schon vorbildlich entwickelt worden sind? Braucht es bessere Ganztagsbildung und interkulturelle Elternarbeit in den Schulen? Seit Jahren wird all dies diskutiert, aber nur wenig in die Praxis umgesetzt.

Wo der Staat nicht handelt, brechen sich unkontrollierte Entwicklungen Bahn. In der alten Industriestadt Duisburg im westlichen Ruhrgebiet beträgt der Anteil der Schülerinnen* mit Migrationsgeschichte 63 Prozent. Es herrscht Armut. Die meisten Schulen bräuchten deutlich mehr Personal, um Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen oder mit Integrationsproblemen individuell zu fördern. Stattdessen haben diese Schulen weniger Lehrerinnen* als anderswo. Viele Stellen sind nicht besetzt, weil Lehrkräfte knapp und andere Arbeitsorte beliebter sind. Das geht seit Jahren so.

Seit Jahren steigt auch in Duisburg die Zahl der Schülerinnen* mit sonderpädagogischem Förderbedarf und immer mehr von ihnen lernen an Förderschulen, die meisten in den zieldifferenten Bildungsgängen Lernen und Geistige Entwicklung. Dort lernen die Kinder jetzt mit reduzierten Lernplänen und weitgehend ohne Aussicht auf einen anerkannten Schulabschluss.

Man könnte jetzt eine wissenschaftliche Untersuchung über die Gründe der steigenden Förderquote in Auftrag geben. Man kann aber auch einfach 1 und 1 zusammenzählen:  Hier sucht ein ausgehöhltes Schulsystem Hilfe bei Sonderpädagogik und Förderschulen. Es stempelt mutmaßlich aus purer Überforderung Kinder mit Schwierigkeiten zu Fällen für die Sonderpädagogik.  Und wie reagiert darauf die Politik?

Zurzeit berät der Duisburger Stadtrat, Millionensummen auszugeben. Nicht etwa für eine bessere Ausstattung der allgemeinen Schulen, sondern für den Neu- und Ausbau von gleich vier Förderschulen. Investiert wird darein, für noch mehr Kinder die Bildungsziele der allgemeinen Schule aufzugeben.

Wollten wir die Bildungschancen von Kindern mit Migrationsgeschichte nicht VERBESSERN?

 

Die Themen im November

Inklusion

Die meisten Menschen in Deutschland zweifeln, ob inklusive Bildung wirklich für jedes Kind die richtige Entscheidung ist. Warum eigentlich?

Ich suche keine Probleme, ich finde Lösungen

mittendrin e.V.

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Ein Jugendlicher mit Behinderung lacht aus vollem Hals. Daneben steht: „Was soll das, ein Kind wie David auf dei Regleschule zu schicken?“ fragen viele Menschen. Anna Lingscheid und David Reinle


Koalition

Tatsächlich: das Wort „Inklusion“ kommt vor im Koalitionsvertrag für die mutmaßlich nächste Bundesregierung. Nur bei der inklusiven Bildung sieht alles danach aus, dass unser Zentralstaat sich auch in den nächsten vier Jahren hinter den Bundesländern verstecken wird. Weil er nicht zuständig sei, wie oft gesagt wird. Der Verband Sonderpädagogik ist anderer Meinung und mahnt Verbesserungen an:

vds nimmt Stellung zum Koalitionsvertrag

Verband Sonderpädagogik e.V.

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Niedergang I

In Duisburg sind die Förderschulen voll und nach Schätzungen der Stadt werden sie in den nächsten Jahren noch voller werden. Anstatt dies als Zeichen eines vollständigen Desasters in der Duisburger Schullandschaft zu erkennen, sollen jetzt neue zusätzliche Förderschulen gebaut werden. Und ein euphorisierter Förderschulleiter propagiert gar „ein Jahrzehnt der Förderschulen“. Welche Prognose erlaubt das für den zukünftigen Bildungsstand der Duisburger Bevölkerung?

Bedarf ist sehr groß: Zwei neue Förderschulen für Duisburg?

WAZ

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Schulgebäude


Niedergang II

Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien hat von ihren Vorgängerinnen* eines der am besten in Richtung Inklusion entwickelten Schulsysteme des Landes übernommen. Jetzt steigt die Förderquote und die Zahl der Schülerinnen* an Förderschulen. Die Zahl der Schülerinnen* mit Behinderung in den allgemeinen Schulen geht zurück.

Anstieg der Exklusionsquote im Norden sorgt die SPD

ZEIT

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Ein Mann im Anzug steht am Rednerpult.


System

Warum tut sich Deutschland so schwer mit der inklusiven Bildung? Liegt es eventuell an einem im internationalen Vergleich veralteten Schulsystem?...

Die frühe Trennung nach Leistung verhindert echte Inklusion in der Schule

welt

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4 Mädchen sitzen nebeneinander an einer Schulbank. Eines der vier hat Down-Syndrom.


Finanzen

… oder liegt es an der Unterfinanzierung unserer Schulen?

Wie eine Schule für alle sein sollte

nd aktuell

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Expertinnen*rat

Wie viele andere Bundesländer nutzt Brandenburg den Begriff des „Elternwahlrechts“ als Begründung für mangelndes Engagement beim Aufbau der inklusiven Bildung. Bildungsforscher der Universität Potsdam haben nun im Abschlussbericht ihrer „Evaluation Gemeinsames Lernen“ empfohlen, wieder aktiv Politik für Inklusion zu betreiben und sukzessive alle Brandenburger Schulen inklusiv zu gestalten. Eine Sachverständigen-Anhörung im Schulausschuss des Landtags führte zur gleichen Empfehlung: auch die geladenen Schulpraktiker plädierten dringend für mehr inklusive Schulen…

Schulvertreter werben für gemeinsames Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung

Märkische Allgemeine

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Ein Rollstuhl steht im Schulflur.


… und berichteten von ihren eigenen ermutigenden Erfahrungen:

Unterricht für alle fällt noch zu oft aus

nd aktuell

Zum Artikel 

Zwei Jungen arbeiten nebeneinander an einer Schulbank. Einer der beiden sitzt in einem Rollstuhl.


Routine

In NRW ist eine Förderschule für körperlich behinderte Schülerinnen* der Flut zum Opfer gefallen. Jetzt hat das Parlament des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) einstimmig beschlossen, sie andernorts wieder aufzubauen, und zwar gleich für 220 Schülerinnen* anstatt für wie bisher 180. Den Vorschlag der Behindertenselbstvertretung im LVR-Beirat, der LVR solle in dieser Situation aktiv werden, um vor allem für die nachwachsenden Schülerinnen*jahrgänge das Angebot im Gemeinsamen Lernen in der Region zu verbessern, wurde von den Politikerinnen* im Schulausschuss nicht diskutiert, sondern nur kommentarlos zu Protokoll gegeben.

LVR votiert für Umzug der Paul-Klee-Schule

RP online 

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Luftaufnahme von überschwemmten Häusern


Schulentwicklungsplanung I

Im nordrhein-westfälischen Hagen wird die Zahl der Schulen reduziert, die auch Kinder mit Behinderung aufnehmen. Stadtpolitikerinnen* kritisieren, hier würden Strukturen zerschlagen, die man demnächst wieder brauche.

Fünf Grundschulen und Gymnasien in Hagen ohne Inklusion

Westfalenpost

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Hand, deren Daumen nach unten zeigt.


Schulentwicklungsplanung II

Im westfälischen Isselburg fehlt es an Plätzen im Gemeinsamen Lernen. Weitere Schulen sollen auf Wunsch der Schulaufsicht einsteigen. Der Rat diskutiert, ob das angesichts der Personalsituation in den Schulen sinnvoll sei.

Isselsburgs Grundschulen werden Orte gemeinsamen Lernens

NRZ

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Kinder mit und ohne Behinderung in einem Klassenzimmer


Übergang

Im Landkreis Tirschenreuth/Oberpfalz will die Lebenshilfe Kindern mit Behinderung den Weg in die allgemeine Grundschule erleichtern. Die Frühförderung des Vereins soll das unterstützen und die Kinder auch nach der Einschulung weiter fördern.

Möglichst reibungslos vom Kinderhaus in die Grundschule

Onetz

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4 Personen stehen vor einem Gebäude und lächeln.


Schule I

Die Helios-Gesamtschule in Köln-Ehrenfeld wird zurzeit als komplett inklusive Schule in provisorischen Räumen aufgebaut. Demnächst wird sie in ein neues eigenes Gebäude umziehen: in einen modernen Schulbau, der mit seinen offenen Räumen einen klassischen geschlossenen Unterricht gar nicht mehr erlaubt.

In Köln-Ehrenfeld entsteht gerade die Schule der Zukunft

Kölnische Rundschau

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Ein Mann im schwarzen T-Shirt steht vor einem Schulgebäude und lacht.


Schule II

Was tun, wenn der Staat in der (inklusiven) Schulentwicklung hinterherhinkt? Immer wieder gründen Eltern und engagierte Pädagoginnen* selbst in privater Initiative Schulen. Jetzt  auch in Mecklenburg-Vorpommern:

„Man müsste mal…“ eine Schule gründen – Podcast-Folge 36 aus Schwerin

Schwerin lokal

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Illustration von zwei Männern und einem Mikrophon in der Mitte


Schule III

Viele Bundesländer schließen die Gymnasien von der inklusiven Entwicklung aus. Wenn an diesen Schulen der Führungskräftenachwuchs des Landes gefördert werden soll, ist das ein Fehler, meint der Schulleiter des Berliner Hans-Carossa-Gymnasiums:

Am Gymnasium Inklusion lernen

rbb24

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Drei Schüler sitzen an einer Schulbank. Einer sitzt im Rollstuhl.


Schule IV

Auch ein Gelsenkirchener Gymnasium sieht in Inklusion und höherer Bildung keinen Widerspruch.:

Inklusion: An diesem Gymnasium ist sie ein Erfolgsmodell

WAZ

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Schüler arbeiten in einem Klassenzimmer.


Ausgrenzung

Das Landratsamt Fürth ist der Meinung, dass ein Schüler mit Glasknochenkrankheit für den Weg zur Schule problemlos überfüllte Schulbusse nutzen kann. Einen Einzeltransport wollen die Damen und Herren Amtsträger nur vorübergehend bezahlen, wenn gerade ein akuter Knochenbruch vorliegt.

Verwaltung behindert Inklusion: Fürther Schüler hat zerbrechliche Knochen – seine Mutter kämpft mit den Behörden

nordbayern

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Eine Frau schiebt einen jungen Mann im Rollstuhl eine Treppe runter.


Lehrerinnen*bildung

Schulsport dient nicht der Ausbildung von Spitzensportlerinnen*, sondern der körperlichen und sozialen Entwicklung. So gesehen, wäre inklusiver Schulsport keine Zauberei:

Inklusiver Schulsport: „Wir leben einen Notenwahn an deutschen Schulen aus“

Deutschlandfunk

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Trillerpfeife aus Metall hängt vor einer Tafel.


Kollegium

Inklusion in der Schule gilt nicht nur für Schülerinnen*. Theoretisch. Praktisch sehen viele Kollegien immer noch Schwierigkeiten, wenn eine* Lehrerin* eine körperliche Behinderung hat. Diese Schule in Hessen sieht das anders…

Wie eine Regelschule die Inklusion eines Lehrers erlebt

FAZ

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Ein Erwachsener und mehrere Jugendliche stehen um einen Tisch und machen Seifenblasen.


… und diese Schule in München auch:

Der singende Lehrer

Süddeutsche Zeitung

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Ein Mann mit mit Brille und Down-Syndrom hält ein Mikrophon vor den Mund und lächelt.


NoNIPT I

Ungeachtet der Proteste hat die nur noch geschäftsführende Bundesregierung die Kassenzulassung der vorgeburtlichen Bluttests auf Trisomien genehmigt. Eine ARD-Dokumentation beschäftigt sich mit den Folgen. Die Sendung ist in der Mediathek abrufbar.

Echtes Leben: Der Bluttest – Welches Kind soll leben?

Das Erste

Zum Sendung

Viele Reagenzgläser mit Blutproben nebeneinander. Eine Hand mit Gummihandschuhe nimmt ein Reagenzgls Eine Hand mit Gummihandschuh nimmt ein Reagenzglas aus der Menge.


NoNIPT II

Auch der Deutschlandfunk beschäftigt sich mit den Argumenten gegen eine Kassenzulassung von vorgeburtlichen Tests auf Trisomien – und erlebt einen G-BA-Vorsitzenden, an dem die Debatte nicht spurlos vorbeigegangen ist:

Debatte um Bluttest auf Down-Syndrom

Deutschlandfunk

Zum Beitrag

Schwarze Headline auf weißem Grund: Debatte um Bluttest auf Down-Syndrom. Darunter steht Schäfers, Burkhard |18. November 2021, 9:44 und ein blauer Button mit der Aufschrift: Hören, 10.34

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